Krieg in der Ukraine - was tut die Filmbranche?

Krieg in der Ukraine - was tut die Filmbranche?

Neue und alte Gesichter treffen, sich vernetzen, austauschen – und über die neusten Trends sowie brandneue Filmprojekte diskutieren – bei den achtung berlin Branchentagen gibt es die Gelegenheit dazu!

 

Unter dem Titel „Krieg in der Ukraine – was tut die Filmbranche?“ widmete das „Achtung Berlin“-Filmfestival eine Reihe von Podiumsgesprächen während seiner Branchentage dem ukrainischen Kino.
Bernd Buder, Programmdirektor des FilmFestival Cottbus, hatte die Möglichkeit, an einem zeitweise sehr bewegenden Gespräch mit Film- und Festivalmacherinnen aus der Ukraine und Verleihern und Produzenten teilzunehmen, die auf unterschiedliche Weise von dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine betroffen sind.

So schilderte die ukrainische Regisseurin Marina Kondratieva ihre sechstägige Flucht aus dem Kriegsgebiet über die Republik Moldau nach Berlin, sprach über Freunde, die im Krieg umgekommen sind und über den Verlust von Erinnerung – von der Angst, nach Hause zurückzukommen und das eigene Haus geplündert vorzufinden, nicht nur aller materiellen Güter, sondern auch der persönlichen Erinnerungen beraubt.

Ähnlich deutlich äußerte sich auch die Gründerin des Ukrainischen Filmklubs in Berlin, Oleksandra Bienert, die in dem Angriffskrieg den Versuch sieht, die ukrainische Identität auszulöschen. Sie forderte ihre westeuropäischen Zuhörer*innen auf, sich intensiver mit der Geschichte Osteuropas zu beschäftigen und die Wahrnehmung nicht, wie so oft, auf Russland zu fokussieren. Bienert stellte fest, dass Ukrainer*innen in Berlin inzwischen die drittgrößte Diaspora-Gruppe bilden, aber kein Kulturzentrum haben, das als Anlaufstelle zur kulturellen Selbstvergewisserung und Vermittlungsarbeit fungieren könnte.

Der Verleiher und Produzent Alexander von Dülmen beklagte die Zurückhaltung vieler Kolleg*innen aus der deutschen Filmbranche, als es zu Beginn des Krieges darum ging, lediglich einen Protest gegen den Angriff zu unterschreiben.

Die Regisseurin Veronika Glasunowa forderte, wie die anderen Anwesenden, mehr Präsenz für ukrainische Kultur, wobei die Sorge im Vordergrund stand, dass in Folge der Kriegshandlungen künftig kaum ukrainische Filme entstehen werden.

Das FilmFestival Cottbus wird sich in seiner kommenden Ausgabe bemühen, möglichst viele ukrainische Beiträge in unterschiedlichen Sektionen zu programmieren und damit zeigen, wie vielfältig und kreativ das ukrainische Kino ist, und wie es selbstverständlich in die europäische Filmlandschaft gehört.

 

 

Hintergrund der Panel-Diskussion:

Seit dem 23. Februar 2022 führt Russland einen Angriffs und Vernichtungskrieg gegen die Ukraine. Allenthalben wurden schwere Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. Das Land ist international weitgehend isoliert. Explizit gibt es auch Sanktionen gegen das russische Filmschaffen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung.

Das internationale Filmfestival in Cannes formuliert seine Vorgehensweise so: »Unless the war of assault ends in conditions that will satisfy the Ukrainian people, it has been decided that we will not welcome official Russian delegations nor accept the presence of anyone linked to the Russian government. However, we would like to salute the courage of all those in Russia who have taken risks to protest against the assault and invasion of Ukraine. Among them are artists and film professionals who have never ceased to fight against the contemporary regime, who cannot be associated with these unbearable actions, and those who are bombing Ukraine.“

Die Europäische Filmakademie folgt dagegen der Ukrainischen Filmakademie und erklärt, pauschal keine russischen Filme zum Europäischen Filmpreis zuzulassen.

Wie die Aufregung um den finnischen Film „Abteil Nr. 6“ zeigt, den die Cinestar-Gruppe zunächst boykottieren wollte, weil ein russischer Schauspieler mitspielt, und nach einigem Widerspruch nun doch zeigt, herrscht aber auch viel Unsicherheit.

Der richtige Umgang mit repressiven Staaten, aber damit eben auch deren oppositionellen Künstlern, die ja vielleicht gerade in dieser Situation besondere Unterstützung benötigen würden, ist prinzipiell schwierig für das gesamte Filmwesen. Kann man noch russische Filme zu Festivals einladen oder soll man es gerade jetzt tun? Könnte man ihnen derzeit Preise verleihen? Sind aktuell Zusammenarbeiten oder gar Ko-Produktionen mit russischen ProduzentInnen, AutorInnen, RegisseurInnen oder SchauspielerInnen noch denkbar? Oder sollte es man in dieser Situation lassen, um das Zeichen deutlicher zu setzen?

Die Filmbranche erklärt sich mit der Ukraine und seinen Filmschaffenden aber auch in vielfältigen Formaten solidarisch. So ging Anfang März mit fast 50.000 Stellenangeboten, die sich gerade auch an geflüchtete Kultur- und Medienschaffende aus der Ukraine und Russland wenden, die Plattform new-start.media an den Start. Das vom Bundesverband Schauspiel (BFFS) gemeinsam mit ARD, BDZV, Deutschlandradio, Deutscher Bühnenverein, DOV, GBDA, MVFP, Produzentenallianz, RSF, TPR, VTFF, verdi und ZDF initiierte mehrsprachige Portal soll den Kriegsgeflüchteten künftig auch eine Community-Plattform und Sprachkurse anbieten. Realisiert wurde das Jobportal für Kultur-, Film- und Medienschaffende gemeinsam mit der Jobnet.AG, unter Beteiligung ukrainischer Mitarbeiter:innen, die in der Ukraine geblieben sind.

Quelle: achtung berlin

Fotocredt: (c) achtung berlin Filmfestival, Lily Roggemann

 

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