MIASTO, KTÓRE WYJECHAŁO
THE TOWN THAT DROVE AWAY
Performance
Trailer
Das polnische Regie-Gespann Grzegorz Piekarski und Natalia Pietsch verbrachte sechs Jahre mit Recherchen und Dreharbeiten in Hasankeyf im Osten der Türkei und baute enge Beziehungen zu den Stadtbewohnern auf. Auf der Suche nach einer authentischen Darstellung von Umsiedlung und Entwurzelung setzen sie auf visuelles Erzählen anstatt auf Off-Kommentare oder Interviews, um uns an dieser Welt teilhaben zu lassen.
In seinem unaufdringlichen Beobachtungsstil verknüpft ihr Film Bild- und Dialogebene, um das türkische Mammutprojekt subtil zu hinterfragen: Geht es bei der Flutung um technischen und gesellschaftlichen Fortschritt oder eine Tilgung der kurdisch-arabischen Identität? Eindringliche, düstere Szenen – alte Menschen, die aus Kummer sterben, Familien, die die Region verlassen, ein Kind, das allein auf einem leeren Spielplatz spielt, der übriggebliebene Friseur, der inmitten von Abbruchruinen trotzig den Bürgersteig vor seinem Geschäft fegt, die aufwändige Umsetzung des jahrhundertealten Zeynel Bey-Mausoleums – vermitteln das Gefühl von kollektivem Identitätsverlust. Das monotone Grau des Neubaugebiets steht dabei in scharfem Kontrast zu den markanten, in die Berge eingebetteten Häusern, die nun ebenso im Wasser versunken sind wie ein Großteil des kulturellen Erbes des Dorfes.
Hasankeyf wurde mit 199 anderen Orten für den Bau des Ilisu-Staudams, eines von 22 Stauseen des Südostanatolien-Projekts der Regierung Recep Tayyib Erdoğan, abgerissen und 2020 geflutet. Während nun Ausflugsboote über den neu angelegten See fahren und den Touristen erklären, dass man sich gerade über die Reste der antiken Brücke von Hasankeyf befindet, begleitet The Town that Drove Away einige der Städter in ihre neue Heimat, nach Neu-Hasankeyf. Die Häuser sind hier komfortabler als unten, aber die Seele fehlt, und der Blick aufs Minarett. In Lautsprecherdurchsagen werden Veränderungen am Äußeren der Gebäude, die sich hier wie Zinnsoldaten den kargen Hang herauf ziehen, verboten. Die Veränderungen betreffen nicht nur Landschaft und Natur, sondern vor allem die Mitte des kulturellen Selbstverständnisses der Region.
Text: Mourad Touil
DI 04.11. I 19:00 I KAMMERBÜHNE I OmeU + dt. Übersetzung
SA 08.11. I 16:30 I OBENKINO I OmeU
NATALIA PIETSCH, GRZEGORZ PIEKARSKI
NATALIA PIETSCH, GRZEGORZ PIEKARSKI
Tomas Dukszta
N/D
JOZEF VAN WISSEM
RENGIN OZTURK, BURAK FIDAN
TVP - National Polish Television, Maczu Piczu
Natalia Pietsch, Grzegorz Piekarski -